Mykolajiv

Mykolajiv (ukrain., russ. Nikolaev)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

Stadt und Gebietszentrum in der Südukraine mit 507.000 Einwohnern (2006). Im gleichnamigen Gebiet wohnen auf 24.600 km² 1.211.900 Einwohner. Die Stadt M. liegt in der Steppenzone des Osteuropäischen Tieflands an der Mündung des Flusses Inhul in den Liman des Südlichen Bugs. Die mittlere Temperatur beträgt im Januar 3,1 °C, im Juli 22,3 °C. Die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge beläuft sich auf 467 mm.

M. wird überwiegend von Ukrainern (2001: 72,7 %) und Russen (23,1 %) bewohnt, wobei 43,4 % der Ukrainer Russisch als Muttersprache verwenden. Die Stadt ist mit vier See- bzw. Binnenhäfen ein wichtiges Industrie- und Handelszentrum. Industriell liegt der Schwerpunkt auf dem Schiffbau, der Aluminiumerzeugung und der Textil- und Lebensmittelproduktion, während auf den Märkten der Agrarhandel dominiert. M. verfügt über vier Universitäten, drei Theater, mehrere Museen und einen Zoo.

Der größte Teil der Gebäude M.s wurde in sowjetischer Zeit errichtet, wobei im Stadtzentrum Häuser aus der Stalinzeit dominieren. Von den zahlreichen bedeutenden Bauwerken aus der Zarenzeit haben viele das 20. Jh. nicht überdauert. Zu den erhaltenen Gebäuden gehören die frühklassizistische Kommandantur der Schwarzmeerflotte (1793), die klassizistische Nikolajkirche (russ. Nikolaevskaja cerkovʹ, ukrain. Mykolajivsʹka cerkva, 1813-17) und das von dem deutschen Architekten und Stadtbaumeister Theodor Wunsch errichtete Astronomische Observatorium (1821-27).

2 Kulturgeschichte

M. wurde 1789 durch den russischen Fürsten Grigorij Potëmkin gegründet, wobei Hafen und Werft zunächst nur vom Militär genutzt wurden. Ab Anfang des 19. Jh. entstanden im ländlichen Raum um die Stadt eine Reihe von deutschen Siedlungen, welche bis zum Zweiten Weltkrieg existierten. 1834–59 durften aufgrund der militärischen Nutzung keine Juden in M. leben. 1862 bekam die Stadt die Erlaubnis, den Hafen für ausländische Handelsschiffe zu öffnen, wodurch sie einen starken Wachstumsimpuls erhielt. 1860–1914 stieg die Einwohnerzahl von 32.500 auf 104.000 an. 1854–56 und 1870–1900 war der Ort Sitz der Schwarzmeerflotte. 1905 kam es während einer Pogromwelle auch in M. zu Übergriffen auf Juden mit zahlreichen Toten.

Im 20. Jh. wurden Bevölkerung und Stadt durch den russischen Bürgerkrieg und den Zweiten Weltkrieg stark in Mitleidenschaft gezogen. 1941–44 war M. von der Deutschen Wehrmacht besetzt. Von den in der Stadt verbliebenen jüdischen Einwohnern überlebte fast niemand die Besatzungszeit. Ein großer Teil der Juden konnte aber vorher fliehen und kehrte nach dem Krieg zurück. 1959 lebten im Gebiet M. wieder ca. 20.300 Juden. Seit 1989 ist allerdings ein Großteil der jüdischen Bevölkerung M.s v. a. nach Israel und Deutschland ausgewandert, so dass 2001 nur noch 2800 Juden in der Stadt wohnten.

In der Zwischenkriegszeit und von 1944 bis zur Auflösung der Sowjetunion wuchs M. aufgrund der sowjetischen Industrialisierungspolitik stark an, so dass 1989 522.343 Einwohner in der Stadt lebten. Da der Zuzug überwiegend aus dem mehrheitlich von Ukrainern bewohnten ländlichen Umland erfolgte, ging der Anteil der Russen, welche 1897 noch 66,3 % der Bevölkerung ausgemacht hatten, stark zurück. Die Transformationskrise der 1990er Jahre konnte M. v. a. aufgrund der Rüstungsindustrie relativ gut überwinden.

Gorod Nikolaev v ulicach i licach. ww.dag.com.ua/nikolaev/ (http://www.dag.com.ua/nikolaev/) [Stand 15.7.2005].
Starye Foto. www.nikportal.net/cgi-bin/archiv.pl?folder=old&pagenow=1 [Stand 15.7.2005].
Nikolaev 1999. www.aip.net.ua/projects/nikolaev/ [Stand 15.7.2005].

(Sebastian Klüsener)

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