Homer

Homer

Über das Leben von H. haben sich nur Legenden erhalten, zuerst aus dem Hellenismus und der römischen Kaiserzeit.

Als Name wird anfangs oft ›Melisigenēs‹ überliefert (z. B. Pseudo-Herodot: vom Fluss Meles in Smyrna). Auch der Name H. wird mehrfach gedeutet, so etwa als das ionische Wort für „blind“. Viele Städte Kleinasiens und der ägäischen Inseln (z. B. Chios) beanspruchten in der Antike, die Heimat H.s zu sein. Am häufigsten wird Smyrna in den Quellen genannt (u. a. Strabo 554). Zu den Legenden über H. Leben zählt z. B. jene über seine Zusammenkünfte mit bedeutenden Männern wie im Falle eines Wettstreits mit Hesiod (sog. Synchronismus). Allerdings scheint H. den Aioden (Sänger, Dichter) bzw. einer höheren sozialen Schicht angehört zu haben, die gute Kenntnisse über den Hofadels besaß. Aus den Berichten der >Ilias< versuchte man, seine Lebensdaten durch die Festlegung eines Terminus post quem bzw. ante quem (Vgl. Strabo 553; 600; 735) zu rekonstruieren (bereits durch die alexandrinischen Philologen).

In der byzantinischen ›Suda‹ werden mehrere Werke H. zugeschrieben (u. a. die ›Amazonia›, ›Ilias mikra‹, ›Kypria‹), deren Zuordnung zu Homer bereits in der Antike angezweifelt wurde. Mit Sicherheit gehört das Epos ›Ilias‹ zu den originalen Werken, wahrscheinlich auch ›Odysseia‹. Sie behandeln Teile des trojanischen Sagenkreises, der aus mehreren Sagenzyklen bestand (u. a. Thebanischer Sagenkreis oder Argonauten).

Die ›Ilias‹ besteht aus ca. 15.600 Hexametern und teilt sich in 24 Heldenlieder (Rhapsodien) mit jeweils ca. 900 Versen auf. Dass diese Einteilung nicht erst durch die „Alexandriner“ erfolgte, bestätigt Herodot (Hdt. 2, 116). Allerdings kann die Gliederung der einzelnen Rhapsodien in 24, dem griechischen Alphabet entsprechend, erst nach 403 erfolgt sein („Eukleidisches Alphabet“).

In der ›Ilias‹ werden die zehn letzten Jahre des trojanischen Krieges geschildert. Der Umfang des Epos ›Odysseia‹ (richtiger ›Odysseie‹) ist mit ca. 12.100 Versen und 24 Rhapsodien etwas kleiner. Die Handlung behandelt die Irrfahrten (z. B. die Kyklopeninsel, der Aufenthalt bei der Zauberin Kirke) des Königs Odysseus während seiner Rückkehr aus Troja (in einem Zeitraum von zehn Jahren) und seine Ankunft in der Heimat (Ithaka) sowie die Tötung der Freier seiner Frau und Königin Penelope.

Die homerischen Epen wurden in Versen geschrieben (Hexameter). Die verwendete Sprache ist ein älterer ionischer Dialekt, der durch äolische Wörter, dichterische Neuschöpfungen, die mündliche Überlieferung und die Improvisationen der vortragenden Aioden bereichert wurde.

Die beiden uns überlieferte Epen müssen irgendwann nach der Einführung des Alphabets, im 8. Jh. v. Chr., niedergeschrieben worden sein. Durch die Alexandriner erhielten die Homer-Texte eine einheitliche Gestalt.

West M. L. 2000: Die Geschichte des Textes. J. Latacz u. a. (Hg.): Homers Ilias. Gesamtkommentar. Prolegomena. 5 Bde. München, 27–38. Latacz J. 1996: Homer. His Art and his World. Ann Arbor. Bowra C. M. 1964: Heldendichtung. Eine vergleichende Phänomenologie der heroischen Poesie aller Völker und Zeiten. Stuttgart.

(Myrtia Hellner)

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