Xorazm
Xorazm (usbek., altpers. Ḫwārazm, russ. Chorezm)
X. ist die älteste Oase im Norden Usbekistans. Die Anfänge der Zivilisation reichen dort bis ins Neolithikum zurück. Erste Erwähnung findet X. in der Schrift ›Avesta‹ unter der älteren Namensform Hvāirizem, was wörtlich „Fruchtland“ bedeutet und im Hinblick auf den Gegensatz der Oase am unteren Amudarja zu den sie umgebenden Wüsten treffend gewählt ist. Es gilt unter anderen Regionen als das Gebiet, in dem Zoroaster seine ersten Schritte als Religionsstifter gemacht haben soll. Ebenfalls in der Behistun-Inschrift des altpersischen Königs Dareios I. (521–425 v. Chr.) erwähnt, gehörte X. seit Mitte des 6. Jh. v. Chr. zum Achämenidenreich. Zur Zeit von Alexander dem Großen war X. unabhängig: im Frühjahr des Jahres 382 v. Chr. kam der xorazmische König Farasman zu Alexander, um Verhandlungen aufzunehmen. Vom 4. – 3 Jh. v. Chr. erlebte die Oase einen wirtschaftlichen und kulturellen Höhepunkt, die urbane Kultur blühte auf und begünstigte die Entwicklung von Handwerk, Handel und Kunst in besonderem Maße. Das seit dem 7./6. Jh. v. Chr. bestehende künstliche Bewässerungssystem wurde verbessert und ausgeweitet.
V. a. am rechten Amudarja-Ufer entstand eine Reihe neuer Städte wie etwa Ayaz-qal’a. Ihre Überreste zeugen vom hohen Entwicklungsstand der Oase. Ab Anfang des 4. Jh. begann eine Zeit, die von wirtschaftlichem Niedergang geprägt war, was u. a. zur politischen Schwächung dieses Gebiets führte. 712 wurde X. von den Truppen des arabischen Heerführers Qutayba besetzt. Dieser ernannte zwar einen Statthalter, Regierungsfunktionen aber hatte bis zum 10. Jh. eine Lokaldynastie aus vorislamsicher Zeit inne. Urgenč (usb. Urganç), die Hauptstadt des nördlichen X. gewann an Bedeutung – dessen Regenten Ma’mun ibn Muhammad gelang 995 die politische Einigung von ganz X. Während seiner eigenen und der Regierungszeit seines Nachfolgers erblühte X. wirtschaftlich erneut. Dort wirkten zu jener Zeit etwa Avicenna und al-Bīrunī. 1017 wurde X. von Mahmūd aus Ghazni erobert. Ab 1047 herrschten die Seldschuken in X. Ende des 11. Jh. ergriff in Urgenč eine neue Dynastie die Macht. 1194 erlangte X. seine Selbständigkeit von den Seldschuken. Während der Regierungszeit von ‛Alā al-Dīn Muḥammad (1200–20) erreichte das Reich den Zenit seiner Macht: es erstreckte sich vom nördlichen Teil des Kaspischen Meeres bis zum Persischen Golf, vom Kaukasus bis zum Hindukusch. 1221 wurden Urgenč und ganz X. von Dschingis Khan verwüstet. Nach der mongolischen Eroberung gehörte das Gebiet zur Goldenen Horde.
In der 2. Hälfte des 14. Jh. begann sich X. von den Folgen der mongolischen Herrschaft zu erholen, das Land wurde de facto unabhängig. Urgenč erlebte eine erneute Blütezeit, bis Timur die Stadt 1388 vollkommen zerstörte und ganz X. unterwarf. Bis 1505, als X. von Šaybānī-chan eingenommen wurde, blieb es Zankapfel zwischen den Timuriden und der Goldenen Horde. Seit Anfang des 17. Jh. war Xiva (usbek., russ. Chiva) die Hauptstadt von X. Die wunderschöne Architektur der Altstadt von Xiva kündet von der Blüte von Kunst und Städtebau im spätmittelalterlichen X. Obwohl in der russischen und westeuropäischen Historiographie als Khanat von Xiva bekannt, blieb es in der einheimischen Tradition weiterhin das Reich von X., wodurch sich der Name der 1920 gegründeten Volksrepublik X. erklärt. Z. Zt. gehört der Grossteil des historischen X. zu Usbekistan, der Rest zu Turkmenistan. Tolstov S. P. 1948: Drevnij Chorezm. Moskva.