Niederle, Lubor

Niederle, Lubor; *20.9.1865 Klatovy †14.6.1944 Prag, Archäologe, Anthropologe, Ethnograph und Historiker. N. studierte an der Karlsuniversität in Prag klassische Archäologie und Geschichte und kam unter dem Einfluss T. G. Masaryks zur Anthropologie, Soziologie und Ethnologie. Hier wirkte N. nach seiner Habilitation (1891) von 1898 bis zu seiner Pensionierung 1929 als Professor für prähistorische Archäologie und Ethnologie.

N.s besonderes Interesse galt den Fragen des Ursprunges der Slaven und der tschechischen und slowakischen Ethnographie, was sich in seinem monumentalen Lebenswerk „Slavische Altertümer“ (tschech. Slovanské starožitnosti) widerspiegelt, die in Anknüpfung an P. J. Šafaříks gleichnamiges Werk von 1902 bis 1925 erschienen und auf lange Zeit das einschlägige Werk zur frühen Geschichte der Slaven schlechthin blieben. Hier sammelte er das gesamte verfügbare Wissen aller Fachgebiete über die Geschichte und Kultur der alten Slawen.

Maßgeblich für die weitere Entwicklung der tschechoslowakischen Archäologie, Ethnologie und Slawistik war v. a. seine organisatorische Tätigkeit. So begründete er z. B. zusammen mit Č. Zíbrt die Zeitschrift „Das tschechische Volk“ (tschech. Český lid) und redigierte über lange Zeit die „Archäologischen Denkmäler“ (tschech. Památky archeologické). Schon vor dem Ersten Weltkrieg Mitglied in und Mitbegründer von zahlreichen wissenschaftlichen Gesellschaften wurde er begünstigt durch sein enges Verhältnis zu Staatspräsident Tomáš G. Masaryk zum Gründer und zeitweiligen Leiter sowohl des Slawischen Instituts als auch des Staatlichen Archäologischen Instituts in Prag. N. wurde schließlich durch seine Tätigkeit Begründer der universitären prähistorischen Archäologie der tschechischen Länder und der Slowakei, zu seinen Schülern gehörten u. a. J. Eisner und E. Šimek sowie A. Stocký und J. Schránil.

Podaný V. 1994: Z korespondence Lubora Niederlého s T. G. Masarykem. Praha. Slavia 64 (1995), 221–279.

(Stefan Albrecht)


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