Aukštaiten

Aukštaiten (auch: Aukschtaiten, Hochlitauer; litau. aukštaičiai)

Der Begriff bezeichnet: 1. Sprecher der aukštaitischen Mundart der litauischen Sprache, die auch im Südwesten Litauens (Suvalkija), und im Südosten (Dzūkija), gesprochen wird; 2. den größten litauischen Subethnos, der in Hochlitauen (litau. Aukštaitija), dem litauischen Kerngebiet ungefähr zwischen den Flüssen Dubysa im Westen, Memel und Neris im Süden und den heutigen Landesgrenzen im Osten und Norden siedelte. Wegen der darüber hinausreichenden Verbreitung des aukštaitischen Dialektes sind Angehörige beider Gruppen nur z. T. identisch.

Die A. wurden bereits im Mittelalter synonym als „Litauer“ verstanden, so in der sog. Nestorchronik des Kiewer Höhlenklosters vom Anfang des 12. Jh., wo ihr Gebiet als ›Litva‹ und sie als der Rus tributpflichtig erwähnt werden. Mittelalterliche Namen wie ›Ousteten‹ oder ›Austeyten‹ bezeichneten sowohl das Land als auch seine Bevölkerung und standen ebenfalls als Synonyme für Litauen oder Litauer. Eine politische Einheit bildeten die A. nicht. Bis zur Formierung eines litauischen Staatswesens unter einem ihrer Fürsten, Mindaugas, in der ersten Hälfte des 13. Jh., lebten sie nach mittelalterlichen Quellen in vier Kleinfürstentümern (Deltuva, Lietuva, Nalšia, Upytė).

Von Bedeutung blieb bis Anfang des 20. Jh. die charakteristische materielle Kultur der A. Vorherrschende Lebens- und Wirtschaftsumwelt war das Straßendorf, ursprünglich gegründet nach der Hufenverfassung von 1557 und den Erfordernissen der Dreifelderwirtschaft. Es hat sich bis heute in einigen Gegenden im östlichen Hochlitauen (Aukštaitija, z. B. in den Bezirken Ignalina und Švenčionys) erhalten. Infolge der gebräuchlichen Erbteilung waren die Anwesen relativ klein, die Wohnhäuser blieben bis zur Mitte des 19. Jh. Rauchhäuser. Bis zur Einführung von Maschinen wurde Getreide traditionell mit der Sichel geschnitten. Auffällig sind die – im Vergleich zu den anderen ethnographischen Regionen Litauens – archaischen Elemente in Webstoffen und Kleidung, in denen die Farbe Weiß dominierte. V. a. jüngere Frauen bevorzugten weiße Röcke oder Schürzen, ebensolche Stirnbinden und Borten. Auch der Kopfputz der verheirateten Frau war in Weiß gehalten. Insgesamt zeigt die Volkskultur der A. zahlreiche Berührungspunkte, z. B. in Hütungswesen und Hirtenkultur, mit den östlich bzw. nördlich anschließenden Kulturen der Weißrussen und Letten.

Kudirka J. 1991: The Lithuanians: An Ethnic Portrait. Vilnius. Kiaupa Z., Kiaupienė J., Kuncevičius A. 2000: The history of Lithuania before 1795. Vilnius.

(Manfred Klein)


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