Heinrich von Lettland

Heinrich von Lettland (Henricus de Lettis); * um 1188 (Magdeburg?) † nach 1259 (zuletzt als Henricus de Papendorpe urkundlich erwähnt); Chronist und Verfasser des ›Chronicon Livoniae‹. Vermutlich während seiner Ausbildung im Augustinerkloster Segeberg bei Lübeck erwarb er im Kontakt mit livländischen Geiseln Kenntnisse der baltischen Sprachen. Im Sommer 1205 kam H. als Scholar Bischof Alberts mit den Sommerfahrern der Kaufleute und Pilger nach Riga; 1206 wirkte er u. a. als Dolmetscher für den Priester Daniel an der Mission der Letten mit. 1208 erfolgte die Priesterweihe durch Albert und seine Entsendung an die ›Ymera‹ nahe der estnischen Gebiete.

1213–15 trat H. als Adjutant und Dolmetscher Philipps von Ratzeburg auf, an dessen Seite er nach Rom zum IV. Laterankonzil Papst Innozenz’ III. reiste. Nach der Unterwerfung Estlands unternahm H., der zeitlebens ein einfacher Priester blieb, Taufreisen auch in den Norden. Als Dolmetscher begleitete er 1225–26 den päpstlichen Legaten Wilhelm von Modena in Livland und verfasste in diesen Jahren auf Bitten von Freunden seine Chronik.

Dieses sprachlich schlicht gehaltene Werk ist in 16 Handschriften seit dem frühen 14. Jh. überliefert und bildet die Hauptquelle für die Anfangszeit Alt-Livlands. Seinem Bericht, der sich vorwiegend mit der Regierungszeit Bischof Alberts bis ins Jahr 1227 befasst und der formal durch dessen Amtsjahre gegliedert ist, sind zwei Bücher über Alberts Vorgänger in Livland, Meinhard und Bertold, vorangestellt. H. betont, das Geschilderte entweder selbst erlebt oder aus erster Hand erfahren zu haben. Er beschreibt die Missionsversuche unter den Letten und Esten mit ihren Rückschlägen sowie die Konflikte mit den benachbarten Völkern und widmet v. a. den militärischen Details dieser Zusammenstöße viel Raum. Trotz dieser etwas eingeschränkten Perspektive und abwertender Urteile über die Litauer, Dänen und die orthodoxen Russen ist H.s als glaubwürdig geltende Chronik von einzigartigem historischen Wert für die frühe Geschichte der baltischen Länder.

Arbusow L., Bauer A. 1955 (Bearb.): Heinrichs Livländische Chronik (= Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum, XXXI). Hannover. Bauer A. (Übers.) 1974: Heinrich von Lettland. Livländische Chronik (= Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe, XXIV). Darmstadt. Johansen P. 1953: Die Chronik als Biographie: Heinrich von Lettlands Lebensgang und Weltanschauung. Jbb. für Geschichte Osteuropas N.F. 1/1, 1–24. Mühlen H. von zur 1994: Livland von der Christianisierung bis zum Ende seiner Selbständigkeit (etwa 1180-1561). Pistohlkors G. v. (Hg.): Deutsche Geschichte im Osten Europas. Baltische Länder, Berlin, 25–172.

(Anne Weiland)

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