Nowosibirsk (Stadt)

Nowosibirsk (russ. Novosibirsk, bis 1925 Novonikolaevsk).

Die Stadt N. ist das Zentrum von Rayon und Gebiet N. und liegt 3191 km östlich von Moskau im Westsibirischen Tiefland auf einer Höhe von 177 m ü. d. M. am Fluss Ob. Auf einer Fläche von 500 km² zählt N. 1.397.000 Einwohner (2006). N. ist ein Eisenbahn- und Straßenknotenpunkt mit Flusshafen und dem größten internationalen Flughafen Sibiriens. Die jüngste russische Millionenstadt hat das einzige U-Bahn-Netz Sibiriens.

Der Ort entstand 1893 als Novaja Derevnja („Neudorf“) wegen des Baus einer Brücke über den Ob für die Transsibirische Eisenbahn. 1894 wurde er in Aleksandrovskij, 1895 in Novonikolaevskij umbenannt und wurde 1903 zur Stadt Novonikolaevsk. Ab 1925 heißt sie N.

N. entwickelte sich schnell, 1962 überschritt die Einwohnerzahl 1 Mio. Menschen. Die Verlagerung von Industriebetrieben aus dem europäischen Teil Russlands während des Zweiten Weltkrieges gab N. einen Entwicklungsschub. N. ist der geografische Mittelpunkt Russlands mit je 3000 km Entfernung zu den Grenzen im Westen und im Osten und gilt als die inoffizielle Hauptstadt Sibiriens.

N. ist das Industrie-, Kultur- und Wissenschaftszentrum Sibiriens. Es gibt Maschinenbau für Energiewirtschaft und Elektrotechnik, Werkzeuge und Landwirtschaft. Weitere Firmen sind spezialisiert auf Feinmechanik, Flugzeuge oder Textilmaschinen. In N. findet sich fast 80 % des gesamten Industriepotentials der Region. Etwa 60 % der industriellen Produktion entfiel bis 1991 auf die Rüstungsindustrie. Knapp 70 % aller Beschäftigten in N. arbeiteten in insgesamt 26 Unternehmen und 14 Forschungseinrichtungen. N. hat heute drei Universitäten, zwei Akademien, ein Konservatorium und 11 Hochschulen. In N. gibt es fünf Theater, darunter das größte Opern- und Balletttheater Russlands, die Philharmonie, einen Zirkus, Museen und Zoos. N. ist weiters jährlicher Austragungsort vieler Ausstellungen und Festivals.

Architekturdenkmäler sind die Kathedrale (1897) sowie die zwischen 1900 und 1912 erbauten Gebäude von Bahnhof, Handelshaus und Theater.

In den 1950er Jahren wurde N. zum wissenschaftlichen Zentrum Sibiriens ausgebaut. 28 km südlich des Stadtzentrums wurde nach zehnjähriger Bauzeit 1966 der wissenschaftliche Wohn- und Forschungskomplex Akademgorodok („Akademisches Städtchen“) eingeweiht. Die damalige Elitestadt wurde in der Taiga – am mit künstlichem Sand aufgefüllten Ufer des Ob-Stausees – errichtet. Als Sitz der Sibirischen Abteilung der Akademie der Wissenschaften ist Akademgorodok ein Stadtteil von N. Hier befinden sich 15 Hochschulen, 43 Institute der Russischen Akademie der Wissenschaften und mehr als 100 Forschungsinstitute für fast alle Forschungsrichtungen.

N. ist das politische Zentrum Sibiriens. Viele Konsulate residieren in N. Weiter sind dort regionale Vertretungen aller großen Parteien Russlands sowie zahlreiche regionale politische Bewegungen zu finden. Es gibt hier 130 Printmedien und über 30 Fernseh- und Radiostationen.

In der Umgebung der Stadt werden Getreide, Kartoffeln, Obst und Beeren angebaut. Eine wichtige Rolle spielen die Milchproduktion sowie die Rinder- und Geflügelzucht.

Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion kämpft die Stadt mit großen wirtschaftlichen Problemen. Die Industrieproduktion reduzierte sich um die Hälfte, mitverursacht durch die dominierende Rüstungsproduktion. Viele Betriebe haben mittlerweile den Prozess der Konversion, der Umwandlung von militärischer in zivile Produktion vollzogen. Der Einbruch staatlicher Subventionen für die Wissenschaft führte zur Abwanderung qualifizierter Forscher ins Ausland oder in kleine Privatunternehmen vor Ort. Die Löhne entsprechen bei weitem nicht Ausbildung und Leistung. Die Bevölkerung behilft sich z. B. mit der Zucht von Vieh und Gemüse auf kleinen Privatgrundstücken auf der Datscha aus.

Heute entwickelt sich N. zum Finanz- und Handelszentrum von Sibirien. Es konzentrieren sich dort neu gebaute Filialen von Banken.

Nach wie vor leidet die Umgebung der Stadt jedoch unter der großen, durch die Industrie verursachten Umweltbelastung.

(Ulrike Butmaloiu)

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