Uherské Hradiště

Uherské Hradiště (tschech., dt. hist. Ungarisch-Hradisch)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

Die Kreisstadt (im Zlínský kraj) U. H., in Südostmähren am Zusammenfluss von March (slowak./tschech. Morava) und Olšava (dt. Olsawa) 179 m ü d. M. gelegen, ist Mittelpunkt der nördlichen „Mährischen Slowakei“ (Moravské Slovácko). Sie hat eine Gesamtfläche von 2127 ha und besteht aus sieben Stadtteilen (Uherské Hradiště, Jarošov, Mařatice, Míkovice, Vésky, Sady und Rybárny). Am 1.1.2006 betrug die Einwohnerzahl 26.131, 2001 26.876 (davon 21.524 Tschechen, 3976 Mähren, 453 Slowaken, 41 Ukrainer, 25 Vietnamesen, 15 Roma, 13 Polen, 9 Deutsche, 6 Schlesier und 814 Andere), 1991 26.765 und 1932 5682 (davon 157 deutschsprachig). Die erste staatliche Volkszählung 1868 ermittelte eine Einwohnerzahl von 5659.

Anfang

2 Geschichte und Kultur

Im 9. Jh. lag an der Stelle des heutigen U. H. vermutlich Veligrad (auch Velegrad oder Velehrad), eines der Zentren des Großmährischen. Diese großmährische Siedlungsagglomeration bestand aus einer Altstadt (Staré Město) auf dem rechten Marchufer, der zwischen den Armen der March gelegenen Siedlung auf der St.-Georgs-Insel (Svatojiřský ostrov), der Siedlung im heutigen Rybárny-Viertel sowie dem kirchlichen Baukomplex auf der Anhöhe in Sady („Dörfl“). Dabei befindet sich die älteste slawische Siedlung aus dem 7. Jh. auf der Fundstätte Na valách in Staré Město. Die Sady-Höhe war im 9. Jh. das kirchliche Zentrum Großmährens, dort befand sich vermutlich der Sitz des Erzbischofs und Slavenapostels Methodios, auch sollen er sowie Svatopluk I. dort bestattet worden sein. Das weltliche Zentrum könnte sich auf der St.-Georgs-Insel befunden haben, die archäologischen Funde hingegen deuten eher auf Staré Město als Zentrum hin, da dort Reste von Repräsentationsbauten gefunden wurden. Es wird vermutet, dass sich seit Ende der 60er Jahre des 9. Jh. das Verwaltungszentrum des Großmährischen Reiches sowie der Regierungssitz Svatopluks I. dort befunden hat.

Nach dem Untergang des Großmährischen Reiches entstand auf dem Gebiet von Staré Město ein Marktort namens Velegrad, die Befestigung auf der St.-Georgs-Insel wurde vollkommen aufgelassen. Der Name Velegrad wurde 1205 von dem 7 km nordwestlich durch Markgraf Vladislav Jindřich von Mähren gegründeten Zisterzienserkloster Velihrad übernommen, das heute ein bekannter Wallfahrtsort ist.

Aus dem Jahre 1257 datiert ist die Gründungsurkunde durch König Otakar II. Přemysl. Die neue Stadt auf der St.-Georgs-Insel erhielt ein Jahr später den Namen ›Neu Welehrad‹ (tsch. Nový Velehrad) und diente als königlich-klösterliches Kondominium und Festung zur Sicherung der nahe gelegenen böhmischen Grenze. Besiedelt wurde die Neugründung mit Bewohnern des königlichen Marktortes Kunovice sowie des klösterlichen Besitzes Velehrad, wobei die vermögende deutsche Bevölkerung die Oberschicht bildete. 1294 wurde erstmals der Name Hradisst (Hradisscze, Radisch) erwähnt. Der Zusatz „Uherské“ ist seit dem Jahre 1587 belegt, häufiger verwendet wurde er dann Ende des 17. und im 18. Jh. U. H. war ständigen Angriffen ausgesetzt, so im 14. Jh. von ungarischen Armeen, in der ersten Hälfte des 15. Jh. von den Hussiten sowie während der böhmisch-ungarischen Kriege in der 2. Hälfte des 15. Jh. – da auf Seite Georg von Podiebrad stehend – von Truppen des Matthias Corvinus. Letzterer verlieh der Stadt 1481 ein neues Stadtwappen.

Spätestens in der Zeit der Hussitenkriege war U. daher von einem zusammenhängenden Befestigungsring umgeben, 1660–1743 entstanden barocke Befestigungsanlagen, die seit 1782 nach und nach gesprengt wurden. Zu einem allmählichen Anwachsen der Stadt auch außerhalb der Befestigungen kam es erst in der Mitte des 19. Jh. Seit dem 16. Jh. besaßen die Bürger aus U. H. Weinberge in der Gemeinde Mařatice, seit der 2. Hälfte des 17. Jh. entstanden dort die berühmten Weinkeller.

In der zweiten Hälfte des 17. Jh. wurde einige Barockbauten errichtet. 1654–62 entstand ein Jesuitenkolleg, die Mariä-Verkündungs-Kirche des Franziskanerklosters (ursprünglich an der Wende 15./16. Jh.) erhielt ebenso wie das Kloster seine barocke Gestalt. U. H. blieb bis 1860 Kreisstadt und erhielt 1869 Status einer selbst verwaltenden Stadt, die 8405 Einwohner (1880) zählte. 1871 wurde das „Bürgervereinshaus“ (Měšťanská beseda) erbaut und 1884 ein tschechisches Gymnasium (die erste tschechische Schule in der Mährischen Slowakei) gegründet. Die deutsche Bevölkerungsmehrheit schwand, als 1890 die Verwaltung in tschechische Hände überging.

Auch nach 1918 blieb U. H. v. a. eine Verwaltungsstadt, in der sich die Industrie nur langsam entwickelte. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg siedelten sich dort Konserven-, Möbel- und Maschinenfabriken, kunstgewerblichen Werkstätten sowie ein Flugzeugwerk im Ortsteil Kunovice an. U. ist Sitz des 1914 gegründeten Museums der Mährischen Slowakei (Slovácké muzeum), des 1945 gegründeten Theaters der Mährischen Slowakei (Slovácké divadlo) und Geburtsort des Schriftstellers Johann Nepomuk Enders (1815–77).

Galuška L. 1998: Die großmährische Siedlungsagglomeration Staré Město-Uherské Hradiště und ihre Befestigungen. Henning J., Ruttkay, A. T.: Frühmittelalterlicher Burgenbau in Mittel- und Osteuropa. Tagung Nitra vom 7. bis 10. Oktober 1996. Bonn, 341–348. Galuška L., Vaškových M. 2002: Památník Velké Moravy. Staré Město, Uherské Hradiště, Modrá, sv. Kliment u Osvětiman. Uherské Hradiště. Procházka R., Sulitková L. 1984: Uherské Hradiště ve 13.–15. století. Sociálně-ekonomická struktura, topografie. Uherské Hradiště.

(Andrea Schutte)

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