Kuppel (-bau, -bauten)
Kuppel (-bau, -bauten)
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1 Die Kuppel
Als K. (von latein. cupula= kleine Tonne) wird in der Regel ein kreisförmiges Gewölbe mit durchgehenden Auflagern (= Fläche auf der ein Gewölbe aufliegt) bezeichnet. Bei der Konstruktion von K.n müssen die (radialen) Fugen auf den Krümmungsmittelpunkt gerichtet sein, dadurch entstehen konzentrische, kreisförmige Ringe, die sich mit ansteigender Höhe verringern, bis sie sich oben durch Überlagerung schließen können.
Nach der Form des Kugelabschnittes, (Halbkreis, Viertelkreis, Ellipse usw.), unterscheidet man verschiedene K.formen: Eine K. kann sowohl massiv, aus Steinen, Ziegelmauerwerk oder Beton, als auch aus Rippen, mit dünnen Kappen dazwischen, gemauert sein. Bei doppelschaligen K.n können zur Entlastung Hohlkörper zwischen den zwei Schalen verbaut sein. Außer dem Querschnitt bestimmt der K.grundriss (kreisförmig, oktogonal oder quadratisch) die Form der K.
Sowohl die freie Überspannung eines Raumes, als auch die Verbindung der K. mit einem quadratischen Grundriss führt zu konstruktiven und statischen Komplikationen. In solchen Fällen ist im Bereich der Auflager ein verbindendes und tragefähiges Element (Trompe, Pendentif oder Tambour) bzw. das Einsetzen von Fenstern in der K.schale erforderlich. Ein kreisrundes Loch im Scheitel der K. kann ebenfalls für Lichteinfall sorgen.
2 Kuppelbau, -bauten
Die K. zählt zu den beliebtesten Dachformen v. a. in der christlichen Sakralarchitektur (Kirchen, Baptisterien, Kathedralen, Kapitelhäuser), in der sie für die plastische Nachbildung des Himmelsgewölbes steht. Der K.scheitel wird in orthodoxen Kirchen zudem häufig durch christliche Symbole oder Christi selbst geschmückt.
Im privaten Bereich wird die K. seit der Renaissance auch für Prunkbauten als Ausdruck von Macht und Repräsentation (Villen, Schlösser) eingesetzt. Allerdings fand sie erst in der Neuzeit allgemeine Verbreitung im profanen Bereich, v. a. für öffentliche Gebäude.
Die Ursprünge des massiven K.gewölbes, die sog. „falschen“ Gewölbe, finden sich v. a. bei Repräsentationsbauten der frühen Hochkulturen, u. a. bei den Mayas, in Italien (etruskische Grabbauten), in Griechenland (z. B. sog. Schatzhaus des Atreus), in Mesopotamien (z. B. Königsgräber von Ur), Persien (Palastbauten der Sassaniden und Parther) und Afrika (z. B. Vorratskammer des Ramesseums/Ägypten). Schlichtere Beispiele solcher Vorstufen bilden die global verbreiteten Rundzelte, Lehm-, Schilfhütten und Iglus.
Aus römischer Zeit stammt das prominenteste Beispiel an antiken K.bauten, das Pantheon in Rom. Im Übergang von der römischen zur frühchristlichen Baukunst entwickelte sich schließlich aus oktogonalen Gewölbebildungen ein runder K.bautyp (SS. Sergius und Bacchus in Istanbul, 6. Jh.).
Von den ersten Christen wurde der Rundbau anfangs v. a. für Baptisterien und Gedächtniskapellen verwendet (z. B. Rotunde des Galerius in Thessaloniki, 4. Jh.), bis eine neue Form, die Rundkirche mit Umgang, die den Grundriss einer mehrschiffigen Basilika aufweist, entstand. Der Höhepunkt byzantinischer K.baukunst wurde mit dem Bau der Hagia Sophia im 6. Jh. erreicht.
In Armenien entwickelte sich im 7. Jh. ein Sondertyp des Kirchenbaus, der aus einem überkuppelten Mittelquadrat besteht, das durch Apsiden oder Kreuzarme erweitert wird (Hripsimekirche in Vaġaršapat). Dieser Typ beeinflusste die typische griechische byzantinische Kirchenform, die ab dem 10 Jh. eine Wiederbelebung erfuhr (sog. Kirchen im Typus des eingeschriebenen griechischen Kreuzes). Ab dem 13. Jh. wurde die Tonnenwölbung in der Mitte durch eine höher gelegene Quertonne unterbrochen. Die byzantinische Architektur wirkte sowohl auf die westliche (die justininianische Apostelkirche in Istanbul (6. Jh.) diente als Vorbild für die Markuskirche in Venedig sowie für eine Reihe französischer K.kirchen) als auch osmanische Architektur (türkische Kuppelmoscheen, z. B. Süleymaniye Camii in Istanbul oder Selimiye Camii in Edirne).
Erst mit der Renaissance, dem intensivem Studium der Antike, begann jedoch die eigentliche Wiederbelebung des K.baus in Europa sowohl im sakralen als auch im privatem Bereich. V. a. im Barock und Rokoko wurde die K. und allgemein die ovale und sphärische Form besonders häufig verwendet. Durch die Verwendung von Stahlbeton konnten in der Moderne schließlich Gestelle konstruiert werden, die eine viel größere Spannweite als die antiken Bauten erreichten und Möglichkeiten für neue Überdachungsformen boten.
F. Hart 1965: Kunst und Technik der Wölbung. München.