Astronomie (Russland)

Astronomie (Russland).

A. war – zusammen mit der Astrologie – als häretischer Aberglaube im Alten Russland weitestgehend aus der schriftlichen Überlieferung verdrängt. Wissen von der Bewegung des Mondes, der Planeten und der Sonne ist im Zusammenhang mit ihrem Zusammenhang mit religiösen, wirtschaftlichen und medizinischen Systemen in Russland jedoch auf eine lange Tradition zurückzuführen. Die meisten indirekten Zeugnisse von astronomischem Wissen gehen auf dessen polemische Verurteilung zurück (z. B. Maksim Grek). Erste handschriftlich dokumentierte astronomische Kenntnisse stehen im Zusammenhang mit der Kalenderbestimmung, v. a. der Bestimmung der Osterdaten. Mit der Hilfe von Tabellen konnten schon im 15. Jh. Sonnen- und Mondfinsternis vorhergesagt werden.

Mit einem zunehmenden Interesse an der westeuropäischen Kultur im 17. Jh. erreichten Elemente des kopernikanischen Systems in der Übersetzung der Kosmographie des Joan Blaeu durch Epifanij Slavineckij einen sehr engen Kreis am Zarenhof, ohne jedoch eine sichtbare Wirkung zu hinterlassen. Fernrohre waren schon zu Beginn des 17. Jh. für den Zarenhof gekauft worden. In der zweiten Hälfte verbreitete sich der Besitz von Fernrohren in westlich orientierten Kreisen einer sich entwickelnden intellektuellen Oberschicht. Bildliche Darstellungen des (ptolemäischen) Sternensystems auf Ikonen und Wänden von Gebäuden zeugen von einem neuartigen Interesse und auch einer neuen Stellung der Astronomie in der russischen Kultur

nach 1650. Erst mit der Ästhetisierung der A. und ihrer Übernahme als Teil eines neuen Bildungs- und Kulturkanons bei Karion Istomin Ende des 17. Jh. wurde die A. endgültig aus ihrem Schattendasein in der verdächtigen Nähe zur häretischen Astrologie herausgeführt.

(Stefan Schneck)

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