Kaschubisch (Überblick)

Kaschubisch (kasch. kaszëbsczi jãzëk).

Die k.e Sprache gehört zur Gruppe der westslawischen Sprachen und steht innerhalb dieser dem Polnischen und dem ausgestorbenen (Drawäno-)Polabischen im deutschen Nordostniedersachsen nahe (sog. „Lechischer Zweig“). Insbesondere in der deutschsprachigen Kaschubologie sind auch Pomoranisch und pomoranische Sprache (poln. Pomorszczyzna bzw. język pomorski) zu finden, die oft synonym für die Begriffe K. und k.e Sprache verwendet werden, obwohl das K.e historisch ein Dialekt des Pomoranischen ist und sich wahrscheinlich im 11. Jh. langsam von ihm abgespalten hat.

Die schriftlich belegten Anfänge des K.en gehen auf den 1586 von Simon Krofey übersetzten Titel ›Duchowne piesnie D. Marcina Luthera‹ („Martin Luthers geistliche Lieder“) zurück. Im 17. Jh. folgten dann die Werke ›Mały Catechism‹ („Kleiner Katechismus“) von Michał Pontanus (alias M. Mostnik und Michael Brüggemann) und ›Perykopy smołdzińskie‹ („Schmolsiner Perikopen“). Obwohl diese drei Texte nur k. durchsetzt sind, werden sie den schriftlichen Anfängen des K.en zugerechnet und stellen für die historische Kaschubologie eine wichtige Quelle dar. Doch kam es erst im 19. Jh. zu einer bewussten Pflege des Kaschubischen, insbesondere durch das nationalkaschubische und literarische Wirken von Florian Ceynowa (1817–81), der auch bis dahin fehlende Standards für eine kaschubische Literatursprache festzusetzen versuchte. Diese Bewegung wurde später, nicht nur, aber in besonderem Maße durch die sog. „Bündler“ (poln. Zrzeszeńcy, kasch. Zrzeszińcë) weitergepflegt. Die wichtigsten linguistischen Eigenheiten des K.en sind nach Zieniukowa die Verengung des vorderen Nasalvokals ę zu j und dessen spätere Entnasalisierung, das k.e Schwa-Phonem /ë/ (z. B. kasch. sëvi, poln. siwy), die Verhärtung der Vokale /s′/, /z′/, /c/ und /dz/ (z. B. kasch. sostra, poln. siostra), der Übergang von /k′/, /g′/ > c′/, /dź/ (z. B. kasch. ćij, poln. kij) und die bewegliche Betonung in den nord- und nordwestkaschubischen (slowinzischen) Dialekten des K.en. Wichtige Unterscheidungsmerkmale des K. zum Polnischen sind weiterhin ein größerer Anteil an niederdeutschen und deutschen Lehnwörtern und ein recht stark ausgeprägter eigener Wortschatz.

Lange Zeit war der Status des K.en überwiegend unter polnischen Wissenschaftlern umstritten. Seit einigen Jahren setzt sich die Anerkennung des K.en als eigenständige Sprache aber gerade auch unter polnischen Wissenschaftlern immer mehr durch. Verbreitet ist deshalb mittlerweile auch der Begriff „von der Wissenschaft anerkannte Sprache“, wobei sich die k.e Literatursprache nach überwiegender Auffassung noch ›in statu nascendi‹ befindet. Da aber gerade nach 1989 die Zahl der k.sprachigen Publikationen quantitativ stark angestiegen ist, sprechen einige Wissenschaftler bereits jetzt schon von einer k.en Literatursprache. Der rechtliche Status des K.en war jedoch lange Zeit nicht eindeutig geregelt, dessen ungeachtet konnte aber aufgrund der Einführung des K.en als Schulfach, der Zulassung einschlägiger Lehrwerke zum Schulgebrauch durch das polnische Bildungsministerium und die Einführung als Universitätsdisziplin (Lehramts-Aufbaustudium K. an der Universität Danzig) seit 1991 zumindest de facto eine rechtliche Anerkennung in Polen unterstellt werden. Seit 2005 ist das K. laut neuem Minderheiten- und Regionalsprachengesetzt eine in Polen formalrechtlich anerkannte Sprache. Zudem kann die Abitur-Prüfung im Fach Kaschubisch abgelegt werden.

Bei der Volkszählung 2002 gaben zwar „nur“ etwa 50.000 Befragte K. als zu Hause gesprochene Sprache an, aber das K.e dürfte nach verlässlichen Schätzungen zumindest 150.000 mehr oder minder aktive Sprecher haben. Seit Anfang der 1990er Jahre existiert das Unterrichtsfach K. Im Schuljahr 2001/02 wurde dieses Fach an 48 Schulen in Kaschubien unterrichtet – Tendenz seit einigen Jahren stark steigend. An einigen wenigen Schulen ist das K.e neben dem Polnischen Unterrichtssprache. Der erst kürzlich erteilte Language Code für das K.e nach ISO 639 ist „csb“.

Breza E. (Red.) 2001: Kaszubszyzna – Kaszëbizna. Opole (= Najnowsze dzieje języków słowiańskich). Ceynowa F. S. 1998: Kurze Betrachtungen über die kaßubische Sprache als Entwurf zur Grammatik. Hrsg., eingeleitet und kommentiert von A. D. Duličenko und W. Lehfeld. Göttingen (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Philologisch-Historische Klasse, Folge 3, 229). Lorentz F. 1958–83: Pomoranisches Wörterbuch. Bd. I-IV. Berlin. Lubaś W. 2002:Kaschubisch (http://www.uni-klu.ac.at/eeo/Kaschubisch.pdf). Okuka M. (Hg.): Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens. Klagenfurt, 265–273. Treder J. 2002: Język kaszubski. Poradnik encyklopedyczny. Gdańsk. Zieniukowa J. 1996: Das Kaschubische in der polnischen Sprachwissenschaftlichen Forschung nach 1945. Zeitschrift für Slawistik 41, 75–85. Zieniukowa J. 2004: Kashubian – Forming the Literary Standard, Cassubia Slavica. Internationales Jahrbuch für Kaschubische Studien 2, 98–106.

(Marcin M. Bobrowski)

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