Priština

Priština (serb., alban. det. Prishtina, alban. indet. Prishtinë, türk. hist. Priştine)

P. ist die Haupstadt der serbischen Provinz Kosovo und liegt in einer Höhe von 585 m ü. d. M. im Zentrum der Provinz. Die letzte gesicherte Einwohnerzahl stammt aus dem Jahr 1991 (155.499), die Kalkulation für 2007 weist eine Bevölkerung von 271.532 Personen aus. Die wichtigsten Wirtschaftszweige der Stadt sind die Nahrungsmittel-, Textil-, Bau- und pharmazeutische Industrie, weiters sind auch zahlreiche internationale Organisationen mit Sitz in P. als Arbeitgeber von Bedeutung.

In römischer Zeit existierte eine Stadt namens Ulpiana 15 km südlich des heutigen P., die das Zentrum der illyrischen Provinz Dardanien darstellte. Ulpiana war im 2. Jh. unter dem römischen Kaiser Trajan gegründet worden und wurde nach einem Erdbeben 518 durch Kaiser Justinian I. wieder aufgebaut und in Justiniana Secunda umbenannt. Nach der Eroberung des Gebietes durch die Slawen wurde die zum größten Teil zerstörte römische Stadt verlassen. Heute befindet sich dort das Dorf Lipljan.

An der Stelle der Siedlung Doclea (serb. Duklja) entstand P. Auf Grund der zentralen Lage an mehreren Handelsrouten wurde P. rasch ein wichtiges Handelszentrum auf dem Balkan, zudem betrieb man in P. Bergbau. Zur Zeit des mittelalterlichen serbischen Staates fungierte P. unter König Stefan Uroš II. Milutin (1282–1321) und anderen serbischen Herrschern aus den Dynastien Nemanjići und Brankovići als Hauptstadt. 1389 fand die Schlacht auf dem Amselfeld (alban. Fushë Kosovë, serb. Kosovo Polje) statt und die serbische Armee erlitt eine schwere Niederlage gegen die Osmanen. Serbien wurde anschließend bis zum Jahr 1459 vollständig erobert. In der Folge wurde auch P. zunehmend stärker türkisch-muslimisch geprägt. Während der österreichisch-türkischen Kriege im 17. Jh. kämpfte die albanische Bevölkerung unter dem Kommando von Pjetër Bogdani zusammen mit der österreichischen Armee gegen die Osmanen. 1878 gründeten die Albaner im Kosovo die „Liga von Prizren“, um sich gegen die osmanische Herrschaft zur Wehr zu setzen, eine provisorische Regierung entstand 1881.

Bis zum Zweiten Weltkrieg war P. eine ethnisch gemischte Stadt, in der große türkische, serbische und albanische Gemeinschaften lebten. Seit den 30er Jahren ging jedoch der türkische Einfluss zunehmend zurück. Im Zuge des Zweiten Weltkrieges verließen Serben und Juden in großer Zahl die Stadt und es kam im Gegenzug zur Ansiedlung von Albanern in P. 1941–45 war P. ein Teil des von italienischen Truppen besetzten Großalbanien.

Anfang

1946 wurde P. die Hauptstadt der serbischen Autonomen Provinz Kosovo. 1953–99 nahm die Bevölkerung der Stadt von 24.000 auf über 200.000 zu, hohe Zuwachsraten verzeichneten insbesondere die Albaner, die in großer Zahl aus dem ländlichen Kosovo nach P. übersiedelten, um Arbeit in den zahlreichen Fabriken der Stadt zu finden. Die albanische Bevölkerung wuchs 1953–81 von 9000 auf rd. 76.000 Einwohner an. Hingegen stieg der serbische und montenegrinische Bevölkerungsanteil im gleichen Zeitraum nur von 8000 auf rd. 21.000 an. Das bedeutet, dass P. Anfang der 1980er Jahre zu 70 % albanisch bevölkert war.

Bereits Ende der 60er und dann insbesondere Anfang der 80er Jahre kam es im gesamten Kosovo auf Grund des ökonomischen Niedergangs und der weit verbreiteten politischer Unzufriedenheit zu wiederholten nationalistischen Protesten. 1968 übertrugen sich in Belgrad entzündete Studentenkrawalle auf P., wurden jedoch von den jugoslawischen Sicherheitskräften niedergehalten. Dennoch erhörte die jugoslawische Führung unter Josip Tito in Belgrad einige der Forderungen aus dieser Zeit: so wurde 1970 eine unabhängige Universität in P. gegründet. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte es zwar bereits eine Universität gegeben, sie war jedoch von Belgrad aus geführt und stark kontrolliert worden. Die Einrichtung einer eigenen, selbst verwalteten Universität führte nicht zuletzt auch zu einem wichtigen kulturellen Aufschwung in P. und dem gesamten Kosovo.

Im März 1981 kam es an der Universität von P. zu Studentenkrawallen wegen der niedrigen Qualität des Mensa-Essens. Ungeachtet dieses trivialen Grundes griffen die Proteste rasch auf den gesamten Kosovo über, es kam zu massiven Demonstrationen in P. und anderen Städten der Provinz. Erneut folgte die brutale Niederschlagung durch die jugoslawischen Sicherheitskräfte, es wurde die „Jugoslawische Volksarmee“ entsandt und der Ausnahmezustand im Kosovo ausgerufen. Zahlreiche Menschen wurden bei den Auseinandersetzungen getötet oder verletzt.

1990 hob der serbische Präsident Slobodan Milošević die Autonomie des Kosovo auf, es folgte die Einrichtung eines autoritären, serbisch dominierten Regimes, die Albaner verloren ihre Positionen in der staatlichen Industrie und wurden zu einem Großteil aus den Institutionen hinausgedrängt. Die Universität von P., die als ein Zentrum des albanischen Nationalismus angesehen wurde,

erfuhr massive Säuberungen: rd. 800 Dozenten und über 22.500 Studenten mussten die Einrichtung verlassen. Als Antwort bildeten die Kosovo-Albaner eine Schattenregierung unter der Autorität der „Demokratischen Liga des Kosovo“ (LDK) des Schriftstellers Ibrahim Rugova. Auch in P., das offiziell unter Kontrolle der Serben stand, wurden Parallelstrukturen eingerichtet, die der albanischen Bevölkerungsmehrheit Bildung und Gesundheitsfürsorge ermöglichten. Auch nachdem 1996 die Auseinandersetzungen zwischen der „Befreiungsarmee von Kosovo“ (UČK) einer- und den serbischen und jugoslawischen Streitkräften andererseits bereits begonnen hatten, blieb es in P. zunächst ruhig. Doch nach dem Beginn der NATO-Luftangriffe gegen Jugoslawien am 24.03.1999 brach auch in P. die Gewalt aus. Der Notstand wurde ausgerufen und es kam zur Besetzung ganzer Stadtteile durch serbische bzw. jugoslawische Streitkräfte und Paramilitärs sowie zur Ausweisung einer großen Zahl von albanischstämmigen Einwohnern aus der Stadt. Das US-amerikanische Außenministerium schätzte im Mai 1999, dass 100.000–120.000 Menschen gewaltsam aus P. vertrieben wurden. Obwohl einige Luftangriffe gegen P. geflogen wurden, gab es in der Stadt selbst nur vergleichsweise geringe Zerstörungen. Bis zum Ende des Krieges floh der größte Teil der bis zu diesem Zeitpunkt rd. 40.000 Serben aus der Stadt. Die wenigen, die in P. blieben, sahen sich in der Folge dem Hass und den Aggressionen der albanischen Bevölkerung ausgesetzt. Nach Angaben des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge siedelten im August 1999 weniger als 2000 Serben in P. Heute ist P. das Zentrum der internationalen Präsenz im Kosovo und Sitz der UN-Mission UNMIK (United Nations Mission in Kosovo).

OSCE: Municipal Profile: Prishtinë/Priština (http://www.osce.org/documents/mik/2004/06/1019_en.pdf) (Stand 20.05.2004).

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(Antje Helmerich)

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