Donaudelta

Donaudelta (rumän. Delta Dunării, russ. Delʹta Dunaja, ukrain. Delʹta Dunaju)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

Mit 5.050 km² (davon 4318 km² in Rumänien und dem Rest in der Ukraine) ist es eines der größten Deltas in Europa. Seine Ost-West-Ausdehnung beträgt ca. 70 km, gemessen von der Donau an seiner Mündung ins Schwarze Meer im Westen, der Norddobrudscha im Südwesten und der Ebene Budžak (ukrain. moldaw., rumän. Bugeac, osman.-türk. Buçak) im Norden.

Das D. ist sehr dünn besiedelt, mit durchschnittlich nur ca. 5,5 Einw./km².

Donaudelta
In den letzen Jahrzehnten sank die Bevölkerungszahl im rumänischen Teil (von ca. 22.000 auf etwa 17.000 Einwohnern 1977–2002), v. a. infolge der Abwanderung in die nächstgelegenen größeren Städte Tulcea und Galaţi. Im ukrainischen Teil leben ca. 10.000 Einwohner, wobei die Tendenz ebenfalls sinkend ist. Die ethnische Struktur der Bevölkerung ist gemischt – neben Rumänen und den altgläubigen, russischsprachigen Lipowanern, leben hier auch Ukrainer sowie kleinere Gruppen von Gagausen und Bulgaren.

Das heutige D. entstand auf der Fläche eines verzweigten Meerbusens, der von der Flämischen Transgression am Anfang des Holozäns gebildet worden ist und der bis in den östlichen Teil der Rumänischen Ebene sowie längs des heutigen Pruthtals und der Täler der Budžak-Flüsse eindrang; inmitten dieses Meerbusens entstanden zwei kleine Inseln. Nach der Aufschüttung des Meerbusens (10.000–8500 v. Chr.) schuf die Nordost-Strömung des Schwarzen Meers eine erste Nehrung, die den Meerbusen in eine Lagune umgestaltete. Durch die südlichen Einlässe in der Lagune trat der älteste Donauarm, der heutige Sankt-Georgs-Arm (rumän. Braţul Sfântul Gheorghe), ins Meer aus. Später entstand der Sulinaarm (rumän. Braţul Sulina) und nach der letzten kleinen Transgression (ca. 2000 v. Chr.) entwickelte sich der Kilijaarm (rumän. Braţul Chilia, russ. Kilijskoe girlo, ukrain. Kilijsʹke hyrlo). Der jüngste, südlichste Dunavăţ-Arm (Braţul Dunavăţ) ist inzwischen veschlammt. In seinem südlichen Teil entstand nach der Absenkung des Gebietes das Lagunensystem Razim-Sinoe. Die sandigen Nehrungen sind stark vom Wind modelliert und deshalb werden sie heute eher als Dünenfelder betrachtet (die höhste: Letea – 13 m). Durch die Entwicklung des D.s wurden die Mündungen der Budžak-Flüssen versperrt. So entsand im S. der Bugeac-Ebene eine Reihe von grossen Limanen (Jalpuh [russ.; moldaw./rumän. hist. Ialpug, russ. Jalpug], Katlabuch [russ./ukrain.; dt. hist. Katlebug, rumän. hist. Catlabug]).

Die Donau ist die einzige Wasserquelle des D.s. Ihre mittlere jährliche Wasserführung (6430 m³/s) teilt sich in einem Verhältnis 60/21,2/18,8 % zwischen den Ärmen Kilija, St.-Georgs-Arm und Sulina. Beim niedrigsten Wasserstand der Donau bleiben 50 % des Deltagebietes über dem Wasserspiegel und beim höchsten Wasserstand sind es nur 3 %. Die höchsten, mit Löss bedeckten Flächen verbergen sich direkt hinter den schmalen Hochufern. Unter dem Wasser entstanden zahlreiche Wannen unterschiedlicher Größe, die entweder Sumpfgebiete (ca. 2400 km²) oder Seen (Razim, Goloviţa, Sinoie, Merhei) bilden. Von den ursprünglich 668 Seen im D. sind im Zuge der nach dem 2. Weltkrieg durchgeführten Regulierungsmaßnahmen nur wenige übriggeblieben. Die Arme zeichnen sich durch große Tiefe aus (39 m im Kilijaarm, 26 m im St.-Georgs-Arm und 18 m im Sulinaarm), was auch die Tiefe einiger Altwasserseen erklärt (Belciug – 12 m). Die Seen und die Hauptarme sind durch ein Netzwerk von abzweigenden und toten Armen verbunden, die eine Gesamtlänge von ca. 1700 km haben. Hinzu kommen auch zahlreiche künstliche Schifffahrts- und Bewässerungskanäle.

Aufgrund einer hohen Luftfeuchtigkeit und der Nähe des Schwarzen Meeres ist das Klima des D.s maritim beeinflusst, so dass der Frühling relativ spät einsetzt und der Herbst lang und warm ist, was das klimatisch Gebiet deutlich von den benachbarten Ebenen Budžaks und der Norddobrudscha abgrenzt; die mittlere Temperatur beläuft sich im Januar auf ca. –1 °C und im Juli auf ca. 22 °C. Die jährliche Niederschlagsmenge ist sehr niedrig (350–450 mm), doch die hohe Bodenfeuchtigkeit verhindert Dürreperioden.

V. a. Sumpfpflanzen sind stark verbreitet (Schilfrohr, Rohrkolben, Binse und Seggen). In den Seen und Flussarmen leben im Sommer viele Wasserpflanzen (See- und Teichrosen, Leichkräuter, Froschlöffeln Pfeilkräuterusw.); das Gemisch („plaur“) von toten und lebendigen Wurzeln, Pflanzenstämmen und Schilfrohrrhizomen treibt auf dem See- und Flussarmwasser und erzeugt kleine treibende Inseln, die Zufluchtsorte für Vögel und Kleintiere bilden. Nur ca. 230 km² sind bewaldet; in den feuchten Dünentälern („hasmacuri“) der Nehrungen (Letea und Caraorman) wachsen subtropische Eichenwälder mit zahlreichen Kletterpflanzen, während die Hochufer von schmalen Weiden- und Pappelwäldern bedeckt sind. Sehr reich ist die Fischwelt (45 Fischarten). Einige davon leben ständig im Delta (Karpfen, Plötze, Zander, Plattfische u. a.) und andere kommen hauptsächlich zum Laichen ins Deltagebiet (Stör, Donauhering). Aufgrund des Fischreichtums leben im Deltagebiet ca. 300 Vögelarten vor. Ca. 700.000 Wandervögel nisten im D. (u. a. Pelikane, Scharben, Reiher, Aigretten, schwarze Ibisse, Wildenten). Um der Ausbeutung der Naturressourcen entgegenzuwirken, wurde das D. 1991 zum Biosphärenreservat der UNESCO erklärt.

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2 Kulturgeschichte

Bis zum 15. Jh. gehörte das Gebiet vom D. zum Osmanischen Reich, Nach dem russisch-türkischen Krieg wurde das Gebiet 1812 zwischen Russland und dem Osmanischen Reich geteilt. Nach einer kurzen Periode der Zugehörigkeit u. a. zum Fürstentum Moldau, entstand 1878 die heutige Grenzziehung im D.

Der größte Teil der Bevölkerung lebt meist in kleinen Dörfern die besonders auf den Hochufern entstanden. 1782 zogen die Altgläubigen in dieses Gebiet, um den Verfolgungen im Zarenreich zu entkommen. Vier kleine Dörfer im rumänischen Teil sind im Zuge der sog. Dorfsystematisierung vollständig abgerissen und deren Bevölkerung umgesiedelt worden. Die einzigen Städte sind die Hafenstadt Sulina, an der Mündung des gleichnämigen Flussarms in Rumänien, und Vylkove (rumän. hist. Vâlcovo, russ. Vilkovo) im ukrainischen Teil.

1983 wurden in Rumänien mit großem finanziellem Aufwand (ca. 2,7 Mrd. USD) zahlreiche Gebiete im D.s eingedämmt und entwässert, um sie urbar zu machen. Die landwirtschaftlichen Erfolge dieser Maßnahmen waren jedoch enttäuschend, so dass ihre Bewirtschaftung inzwischen aufgegeben wurde.

http://www.deltadunarii.ro [Stand 15.06.2007].

(Alexandru Ungureanu)

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