Sobibór

Sobibór (poln.)

Das Lager S. wurde beim gleichnamigen Dorf und der Eisenbahnstation im östlichen Teil des Distrikts Lublin im März/April 1942 an der Eisenbahnlinie Chełm-Włodawa errichtet. Als Modell für S. galt das bereits im März fertiggestellte Vernichtungslager Bełżec. Es umfasste 52 ha, ein Rechteck mit einer Fläche von 400 x 600 m. Es gab drei Lagerbereiche, die jeweils durch Zäune voneinander abgetrennt waren: die Verwaltungszone, die Aufnahmezone und die Todeszone. In der Verwaltungszone befand sich die Eisenbahnrampe, auf der die Opfer entladen wurden. In den Aufnahmebereich wurden die Juden nach der Ankunft der Transporte gebracht, hier mussten sie ihre Kleider ablegen, sich die Haare schneiden lassen und Wertgegenstände abgeben. Ihr Gepäck mussten sie an der Eisenbahnrampe zurücklassen. Das Todeslager umfasste die zunächst drei Gaskammern, die Massengräber und die Unterkünfte für die jüdischen Häftlinge. Jede Gaskammer war 16 m² groß und fasste 160 bis 180 Personen. Die Ermordung fand durch Kohlenmonoxyd eines Motors statt. Zum Lagerpersonal gehörten etwa 30 SS-Männer, die zuvor meist am Euthanasie-Programm beteiligt waren. Außerdem wurden als Wach- und Sicherheitspersonal zwischen 90 und 120 ukrainische ›Trawniki‹-Männer eingesetzt. Die Behandlung der Wertsachen und der Leichen wurde jüdischen Arbeitskommandos überlassen. Als Mitwisser des Verbrechens wurden diese „Arbeitsjuden“ in regelmäßigen Abständen von der SS umgebracht und durch neue Häftlinge ersetzt. Im Lager III wurden die Deportierten getötet und zunächst wie in Bełżec verscharrt und später auf Scheiterhaufen verbrannt. Nach erfolgreichen Probeversuchen im April 1942 begann die systematische Massentötung mit Kohlenmonoxyd, auch hier aus einem Panzermotor. Die erste Vernichtungswelle zwischen Mai und Juni 1942 betraf 77.000 Juden aus dem Distrikt Lublin, der Slowakei und dem Reichsgebiet einschließlich des Protektorates Böhmen und Mähren. Ende Juli 1942 wurden die Vergasungen wegen Reparaturarbeiten an den Bahngleisen vorübergehend eingestellt. Im September 1942 war ein neues Gebäude mit sechs Gaskammern für 1200–1300 Menschen fertig gestellt. In der zweiten Phase wurden Juden aus Frankreich und den Niederlanden, aus dem Distrikt Lublin, Ostgalizien und dem Reichskommissariat Ostland ermordet. Bis Ende Oktober 1942 sind auch 25.000 Juden aus der Slowakei in S. vergast worden. Zwischen März und Juli 1943 trafen 19 Transporte mit 35.000 Juden aus den Niederlanden ein. Am 14.10.1943 brach, nachdem Heinrich Himmler die Umwandlung S.s in ein Konzentrationslager befohlen hatte, ein bewaffneter Aufstand aus. Nach der Niederschlagung des Aufstands wurde das Lager aufgelöst und bis Ende 1943 alle Spuren beseitigt. Auf dem Lagergelände wurden Bäume gepflanzt und Bauernhäuser errichtet, in die einige der Ukrainer aus dem Lagerkommando einzogen.

Anfang der sechziger Jahre wurde auf dem Gelände des ehemaligen Vernichtungslagers ein Denkmal errichtet. Heute befindet sich eine große Gedenkstätte auf dem ehemaligen Lagergelände. Die Gesamtzahl der jüdischen Opfer des Lagers S. beträgt rund 250.000.

(Georg Wurzer)

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