Piotrków Trybunalski

Piotrków Trybunalski (poln., dt. hist. Petrikau)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

Die Kreisstadt in der polnischen Woiwodschaft Woiwodschaft Lodz hat eine Fläche von 67,2 km² und zählt 78.954 Einwohner. P. liegt 42 km südlich von Łódź, ca. 208 m ü. d. M., in der Petrikauer Ebene (Rówina Piotrkowska) am Fluss Strawa. Die mittlere Temperatur in P. beträgt im Januar –0,5 °C, im Juli 19,5 °C. Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt ca. 600 mm.

P. gehört zu den größten Zentren für Glasverarbeitung in Polen. Daneben gehören Maschinen-, Textil-, und Nahrungsmittelindustrie zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen der Stadt. An den fünf Hochschulen der Stadt, die Zweigstellen der Universitäten und Hochschulen in Łódź und Kielce sind, werden ca. 13.400 Studierende unterrichtet.

2 Kulturgeschichte

P. war vom 11.–13. Jh. Zentrum eines Fürstenguts in dessen Nähe sich eine Siedlung mit Markt ausbildete. Die am Handelsweg von Pommern nach Ungarn und Russland gelegene Ansiedlung wurde 1271 erstmals erwähnt und erhielt vor 1313 das Stadtrecht (ab 1404 Magdeburger Stadtrecht). 1347 wurden in P. die Statuten König Kasimir des Großen (Kazimierz III. Wielki 1333–70) für Großpolen herausgegeben. P. entwickelte sich zu einem der Hauptzentren des politischen Lebens und war von 1455–1628 Ort von Wahlkundgebungen und Reichstagen. Im Privileg von P. wurden am 26. Mai 1496 die Privilegien des polnischen Adels durch König Jan Olbracht bestätigt und erheblich erweitert. Von 1578–1792 war P. Sitz des Krontribunals für Großpolen, Masowien sowie das Königliche-Preußen und erhielt aus diesem Grund den Namenszusatz Trybunalski. Im 16. Jh. bildete sich in der vorwiegend handwerklich geprägten Stadt eine große jüdische Gemeinde. 1675 bzw. 1706 entstanden in P. Piaristen- und Jesuitenkollegium. Infolge der 2.Teilung Polen-Litauens kam P. 1793 zu Preußen. Ab 1807 Teil des Großherzogtums Warschau, gelangte die Stadt 1815 zum russisch beherrschten Königreich Polen und war von 1867–1915 Hauptort eines Gouvernements. Während der Besetzung durch Österreich-Ungarn im Ersten Weltkrieg war P. Sitz des Streitkräftedepartements des „Obersten Nationalkomitees“ (Naczelny Komitet Narodowy) und der Kommandantur der Polnischen Legionen. 1919 kam die Stadt zur 2. Polnischen Republik und verlor ihre Rolle als Verwaltungszentrum. 1938 waren über 25 % der 52.900 Einwohner Juden. Nach dem deutschen Überfall auf Polen wurde in P. bereits im Oktober 1939 das erste jüdische Ghetto auf polnischem Gebiet eingerichtet, das bis zu 28.000 Insassen hatte. Während der deutschen Besatzung verlor die Stadt 30 % ihrer Gesamtbevölkerung, ihre jüdischen Bewohner fast vollständig. Von 1975 bis 1998 war die Stadt Hauptort einer Woiwodschaft (Województwo Piotrkowskie).

(Thomas Himmelsbach)

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