Pliska

Pliska (bulg. hist.); erste bulgarische Hauptstadt (ca. 681–893), gegründet von Khan Asparuch; die Überreste befinden sich 3 km nördlich des heutigen P. Ursprung und Bedeutung des Namens sind bisher nicht befriedigend geklärt worden. Erwähnt wird die Stadt u. a. auf einer Säuleninschrift von ca. Anfang des 9. Jh., die in der Nähe des Dorfes Čatalar (heute Chan Krum) entdeckt wurde, in einer bulgarischen apokryphen Chronik aus der zweiten Hälfte des 11. Jh. als ›Pljuska‹, beim byzantinischen Chronisten Leōn Diakonos (10. Jh.) als ›Pliskusa‹ sowie bei den byzantinischen Autoren Anna Komnēnē und Iōannēs Zōnaras als ›Pliskova‹ (12. Jh.). In westlichen Landkarten des 17. und 18. Jh. ist der Ort unter dem Namen P. verzeichnet. Die archäologischen Funde zeigen, dass sich P. aus einem Militärlager zur Hauptstadt entwickelt hat. Der ursprüngliche Palast war eine rechteckige, ca. 74 mal 60 m große Burganlage mit Ecktürmen, umlaufendem Erdgeschoss aus Steinblöcken und Obergeschossen aus Holz und Ziegeln.

811 wurde die ganze Stadt, die möglicherweise zu den größten frühmittelalterlichen Siedlungen Europas zu zählen ist, von den Byzantinern niedergebrannt, jedoch rasch wieder aufgebaut. Um 864/65 kam es durch die Taufe von Khan Boris’ I. in P. zur offiziellen Annahme des Christentums durch das Bulgarenreich. Die aus Großmähren vertriebenen Schüler Kyrill und Methods – Kliment, Naum und Angelarij – legten in den Folgejahren in P. den Grundstein der späteren Schule von Preslav. 893 wurde Preslav neue Hauptstadt und religiöses Zentrum des Ersten Bulgarenreich, P. blieb jedoch weiterhin ein wichtiges handwerkliches und kulturelles Zentrum. Ende des 11. Jh. wird P. im Zuge petschenegischer Übergriffe schwer beschädigt, während des 12. Jh. zur Gänze zerstört. Karsten Niebuhr und Felix Ph. Kanitz, die 1767 bzw. 1871 die imposanten Ruinen des alten P. besichtigten, glaubten Fragmente einer römischen Festung bzw. Stadt vor sich zu haben. Erst Konstantin J. Jireček erkannte (1884), dass es sich bei den Ruinen nahe des Dorfs Aboba (heute P.) um die Überreste der ersten bulgarischen Hauptstadt handeln könnte. 1899–1900 begann ein Archäologenteam des Russischen Archäologischen Instituts in Konstantinopel unter der Leitung von Karel Škorpil und Fëdor I. Uspenskij mit den Ausgrabungen, die diese Annahme bestätigten. Eine systematische Freilegung der Stadtüberreste fand erst ab 1944 statt.

Georgiev P., Rašev R. 1996: Pliska. Pătevoditel. Šumen. Gjuzelev V. 2000: Stolicite na Bălgarija – srednovekovnite i dnešnata. Sofija.

(Biljana Ilić)

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