Kefallīnia

Kefallīnia (griech., auch Kefal[l]onia, ital. hist. Cefalonia, latein. Cephallenia)

Inhaltsverzeichnis

1 Geographie

K. ist eine Insel im gleichnamigen westgriechischen Verwaltungsbezirk (Nomos), gelegen im Ionischen Meer, auf der Höhe des Patraikos Kolpos zwischen Zakynthos und Lefkada, unmittelbar westlich von Ithaka. K. ist zugleich bevölkerungsärmste (38.081 Einwohner im Jahr 2004 im Verwaltungsbezirk) und größte Insel des Archipels (Fläche 781 km², Küstenlänge 254 km) und damit sechstgrößte Insel Griechenlands. Ihre höchste Erhebung (Megas Sōros im Ainos-Gebirge) erreicht 1628 m ü. d. M. Die überwiegend aus Kalken aufgebaute Insel besitzt kaum Oberflächengewässer und weist zahlreiche Karstphänomene auf. Zwischen den kahlen Bergen des Inselinneren liegen üppig bewachsene Täler. Eine Besonderheit an den Küsten sind Meeresmühlen (griech. thalassomyloi), in denen Meereswasser in verborgene Tiefen stürzt und an der Ostküste der Insel wieder zutage tritt. Die Überlagerung der tektonischen Platten des Ionischen Meeres mit den Ausläufern der Risse des Korinthiakos Kolpos sorgt für starke Erdbebentätigkeit. Das Klima ist für griechische Verhältnisse sehr mild. Auch im Sommer kommt es zu Regenfällen; der mittlere Jahresniederschlag liegt weit über dem griechischen Durchschnitt.

2 Kulturgeschichte

Es ist unklar, ob der Name der Insel auf den frühen westgriechischen Volksstamm der Kephallenier oder auf den mythischen Helden Kephalos zurückgeht. Die Insel wird allgemein als das homerische Samē angesehen. Zur Zeit des Anschlusses an Athen im 5. Jh. v. Chr. bestanden auf K. vier Stadtstaaten. Mit dem Ätolischen Bund kämpften die Einwohner gegen Philipp V. von Makedonien (220–217 v. Chr.) und gegen die Römer, unter deren Herrschaft die Insel 189 v. Chr. geriet. In byzantinischer Zeit (394–1185) konnte K. eine eigene Heeresprovinz herausbilden, welche die übrigen Ionischen Inseln mit einschloss. An den Versuch der Normannen, die Insel einzunehmen, erinnert mit seinem Namen der im Norden K.s gelegene Ort Fiskardo(n), in dem der Normannenführer Robert Guiscard 1085 der Pest erlag. Im Jahre 1147 gelang es den Normannen unter Roger II. von Sizilien, die Insel einzunehmen. Nachdem Wilhelm II. von Sizilien 1185 K. dem berüchtigten Korsaren und Grafen von Malta Margaritone di Brindisi übergab, folgte eine bis 1194 währende Piratenherrschaft, während der orthodoxe Bischof durch einen katholischen ersetzt wurde (1207). Nach dem Fall Konstantinopels (1453) fanden Christen aus dem Epirus und Albanien auf K. und den Nachbarinseln Zuflucht. Nach kurzer Besetzung der Insel durch die Osmanen (1479) gelang es den Venezianern mit Hilfe der Spanier, die Insel 1500 (Seeschlacht bei Lepanto) einzunehmen – die fast drei Jahrhunderte dauernde Venezianerherrschaft, von der Burgruinen wie jene bei Asos aus dem Jahr 1595 zeugen, begann. Durch die Einführung der Rosinenkultur Mitte des 16. Jh. erlebte K. einen starken wirtschaftlichen Aufschwung, doch bis ins 18. Jh. blieb seine Geschichte durch Pirateneinfälle geprägt. 1757 wird die Inselhauptstadt von Kastro(n), deren Festungsanlage aus dem 13. Jh. erhalten ist, nach Argostolion verlegt. Nach der Venezianerherrschaft erlebte K. zwei französische Besatzungen (1797–99 und 1807–09) sowie eine russisch-osmanische (1799–1807). Bevor es 1864 zu Griechenland kam, war es von den Briten besetzt (1809–64). Im 20. Jh. folgten weitere Fremdherrschaften: 1917 die französische Einnahme und im Zweiten Weltkrieg italienische (1941–43) und deutsche (1943–44) Besatzung.
Wirtschaftlich gesehen spielt neben dem Tourismus heute die Landwirtschaft die wichtigste Rolle. Erzeugt werden Oliven, Wein, Tafeltrauben, Korinthen, Obst und Gemüse. Ainos oros wurde als Nationalpark (2862 ha) ausgewiesen. Hier haben sich Tannenwälder halten können, darunter die endemische Art ›Abies cephalonica›. Einzige Stadt und Verwaltungszentrum der Insel ist Argostolion mit 9037 Einwohnern (2001). Wichtigster Hafen der Insel ist Samī (1223 Einwohner [2001]), von dem Reste der Stadtmauer aus dem 2. Jh. erhalten sind. Im Laufe des 20. Jh. ist die Bevölkerung der Insel auf die Hälfte geschrumpft. Erst in jüngster Zeit ist die Tendenz wieder steigend. Zur internationalen Bekanntheit der Insel trug in jüngerer Zeit der Film ›Corellis Mandoline‹ bei, der mit Nicolas Cage und Penelope Cruz in den Hauptrollen auf K. gedreht wurde und vor dem Hintergrund des Massakers der deutschen Wehrmacht an italienischen Soldaten spielt.

Stamatelatos M., Fotinī V.-St. 1997: Kefallīnia. Stamatelatos M., Fotinī V.-St (Hg.): Ellīnikī Geōgrafikī Egkyklopaideia 2. Athīna, 108–110.

(Thede Kahl)


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