Eger (Stadt, Tschechien)

Eger (tschech. Cheb); an der Grenze zur Bundesrepublik Deutschland in Westböhmen auf 448 ü. d. M. gelegene tschechische Kreisstadt mit 34.036 Einwohnern (2006). E. hat ein denkmalgeschütztes Zentrum mit Resten einer Kaiserpfalz („Schwarzer Turm“ und Kapelle). Als Egerland (tschech. Chebsko) wird die Umgebung von E. bezeichnet, die historisch nicht nur den heutigen tschechischen Teil umfasste, sondern auch Gebiete im benachbarten Bayern.

An einer Kreuzung alter und bedeutender Handelswege entstand am Fluss Ohře eine Siedlung, in der sich im 9. Jh. slawische Stämme niederließen. Die Siedlung wurde erstmals 1061 urkundlich erwähnt, in Quellen aus dem 12. Jh. wird E. als ›Regio Egire‹ bzw. ›Pagus Egire‹ angeführt. Das ursprünglich von Slawen besiedelte Land ließ Markgraf Diepold III. von Vohburg (1093–1146) durch fränkisch-bayrische Siedler kolonisieren. 1146 ging das Gebiet in den Besitz der Staufer über (erledigtes Reichslehen). Friedrich I. Barbarossa ließ 1178–88 die an dessen östlicher Grenze liegende Burg von E. zu einer Kaiserpfalz ausbauen, in der ab 1179 Reichstage stattfanden. 1213/14 erließ hier Kaiser Friedrich II. die sog. Goldene Bulle von E., in der die kirchliche Macht des Papstes über die weltliche des Kaisers gestellt wurde.

Böhmische Truppen besetzten zweimal (1266–76 bzw. 1291–1304) die Stadt, die endgültig an Böhmen fiel, als sie 1322 der böhmische König Johann von Luxemburg (tschech. Jan Lucemburský) als ständige Reichspfandschaft erhielt. Während der Hussitenkriege stand E. auf Seiten der Katholiken. Es spielte 1432 eine Vermittlerrolle zwischen Hussiten und Vertretern des Konzils in Basel. Bis ins 16. Jh. genoss das 1277 zur Reichsstadt ernannte E. eine Sonderstellung im Böhmischen Königreich. Während des Dreißigjährigen Krieges war E. wiederholt umkämpft, 1634 wurde hier der Heerführer Albrecht von Wallenstein (tschech. A. z Valdštejna) ermordet. 1787 ging die geistliche Oberhoheit von Regensburg an das Erzbistum Prag über. 1806 wurde E. vollständig in Böhmen eingegliedert. 1865 erfolgte der Anschluss an das Eisenbahnnetz und die Stadt wurde ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Sie war weiterhin auch eines der Zentren der ›Alldeutschen Bewegung‹. 99,4 % der 26.682 Bewohner von E. waren 1910 deutscher Herkunft. E. gehörte nach 1918 zur Tschechoslowakei. Ca. 87,4 % der 31.546 Bewohner waren 1930 Deutsche. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Großteil der deutschen Bevölkerung zwangsausgesiedelt, die Bevölkerungszahl sank auf 17.725 im Jahre 1950.

Das Stadtzentrum dominieren heute der Marktplatz mit seinen gotischen und barocken Hausfassaden und das aus der Gotik stammenden Häuserensemble des Spaliček (dt. Stökl).

Von den 1748 in E. gemeldeten Ausländern (Stand 2001) stammen 1488 aus Vietnam. Die meisten von ihnen betreiben in Grenznähe zu Deutschland Stände, an denen billige Produkte verkauft werden. E. kämpft seit Jahren gegen Prostitution, die in der Grenzregion ein großes Problem darstellt. Im Herbst 2003 wies eine Studie auf angebliche Kinderprostitution hin. Heute ist neben dem Tourismus die Maschinen-, Textil-, Fahrrad- und Nahrungsmittelindustrie für die Stadt sehr bedeutend. E. gehört zur ›Euroregion Egrensis‹.

(Katrin Bock)

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