Eiszeiten

Eiszeiten

Inhaltsverzeichnis

1 Definition

Als E. werden durch klimatische Schwankungen ausgelöste Kaltzeiten bezeichnet, die durch weltweit niedrigere Temperaturen zu einem kräftigen Vorstoß von Gebirgsgletschern und Inlandeisen führten und zur Folge hatten, dass sich Gletscher weit in das Gebirgsvorland vorschoben und sich in den höheren Breiten mächtige Inlandeiskappen ausbildeten.

Während des Pleistozäns wechselten sich mehrfach Kalt- (Glaziale) und Warmzeiten (Interglaziale) ab. Entsprechend gab es mehrere Vorstöße und Rückzüge der Gletscher. Kleinere Vorstöße während eines Glazials werden als Stadien bezeichnet.

Die Ursachen für die klimatischen Schwankungen sind nicht vollkommen geklärt. Eine maßgebliche Ursache liegt in den zyklischen Veränderungen der Erdumlaufbahn und der Stellung der Erdachse zur Sonne. In Zusammenhang mit Änderungen in der atmosphärischen Zirkulation und der Gaszusammensetzung der Lufthülle löste dies die E. aus.

In Nordeuropa lassen sich drei E. nachweisen. In den Alpen gibt es Belege für vier Vereisungsepochen. Die durch die Gletschervor- und rückzüge entstandenen Landschaftsformen werden als glaziale Serie bezeichnet.

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2 Erdoberflächenüberformung

Das enorme Gewicht und die Fließeigenschaft der Eismassen formte die Landschaft unter dem Gletscher, an dessen Seiten und in dessen Vorfeld. Talgletscher hinterließen in den Gebirgen tiefe trogförmige Täler. Die Inlandeiskappen schufen unter sich das flachwellige Relief der Grundmoränenlandschaft. Die abgeschürften Sande und Gesteine wurden dabei mit dem Eis an die Gletscherstirn transportiert. Durch die abgelagerten Materialien und das Aufstauchen des Untergrundes wurden Endmoränen gebildet. Schmelzwasser lagerten Sande vor den Endmoränen in den Sandern ab. Die Wassermassen wurden durch die vor den Sandern und Endmoränen gelegenen Urstromtäler abtransportiert. Wind wehte feines Staubmaterial – den Löss – aus den Sanderflächen im Gletschervorfeld bis weit in die vegetationsbedeckten Gebiete des Vorlandes hinein.

Durch die Schwankungen der Gletscherstände während der E. durchziehen mehrere Abfolgen der glazialen Serie (Grundmoräne, Endmoräne, Sander, Urstromtal) das gesamte Europa, ausgehend von dem inzwischen verschwundenen über 3000 m mächtigen skandinavischen Eisschild. Aus den Alpen drangen die Gletscher bis weit ins Vorland vor. Bei jüngeren Gletschervorstößen wurden Endmoränenzüge aus älteren E. überfahren und eingeebnet. Während die Oberflächenformen der jüngsten Vereisung noch deutlich zu Tage treten, sind die der älteren erodiert und teilweise durch Löss bedeckt.

Bedeutend für die Landschaftsgenese sind die letzten vier E., die Relikte der älteren E. wurden weitestgehend überformt. Typische glaziale Landschaftsformen sind weite Trogtäler mit hängenden Seitentälern in den Gebirgen, langgestreckte Seen und Seenplatten sowie die Hügellandschaften der Endmoränenzüge. Entsprechend der niedrigen Temperaturen im Vorland der Gletscher bildete sich dort eine periglaziale Zone, mit Permafrost und Tundrenvegetation aus. Mächtige Lössansammlungen e.-lichen Ursprungs finden sich in allen Gebieten Europas.

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3 Verbreitung

3.1 Nordost- und Osmitteleuropa

Ausgehend vom Skandinavischen Eisschild wurde der gesamte nordeuropäische Raum bis in den Bereich der Mittelgebirge von E. geprägt. Die älteste nachweisbare E. ist die Elster-Vereisung (in Polen und Russland teilweise anders benannt, siehe Tabelle). Deren Gletscher reichten bis an den Harz, die Sudeten, Galizien, Wolynien, Mordowien, den Fluss Kama und über den Ural hinaus ins westliche Sibirien hinein.

Die Saale-Vereisung erreichte ähnliche Ausmaße und überschob teilweise die Endmoränenzüge der älteren Vereisung, besonders im Osten Europas. Sie erreichte etwa den Harz, Schlesien, Lublin, Wolynien, Dnipropetrovsʹk, Orël, den Don bis zur Mündung des Flusses Chopër, die Städte Penza und Kirov und den Fluss Kama. Die jüngste Vereisung – die Weichsel-E. – blieb hinter den älteren Vereisungen zurück und erreichte nur noch den Fläming, Masuren, Hrodna, die Waldaihöhen, den Fluss Suchona und die Timanberge. Der Ural trug zu der Zeit eine eigenständige Vergletscherung. In den östlichsten Gebieten ging das skandinavische Inlandeisschild während der Kaltzeiten in das westsibirische Inlandeisschild über.

3.2 Alpen

In den Alpen lassen sich vier E. aus Schotterfunden in den Alpenflüssen nachweisen. Während der Kaltzeiten waren die Täler hoch angefüllt mit Eis und nur die Spitzen der Berge ragten aus dem Eisstromnetz heraus. Beim Austritt in das Alpenvorland breiteten sich die Gletscher fächerförmig aus. Im Westen reichte die Vereisung bis an den Rand des französischen Zentralmassivs heran. Im Süden schufen sie mächtige Endmoränen, die heute die großen oberitalienischen Seen umrahmen. Im Norden wurde das Alpenvorland überformt. Jung- und Altmoränen der verschiedenen E. liegen dicht beieinander. Die alpiden E. werden nach den Flüssen Günz, Mindel, Riß und Würm benannt.

3.3 Sudeten und Karpaten

In den Sudeten und den Karpaten lassen sich ebenfalls die letzten drei Vereisungszeiträume nachweisen, in denen die Vergletscherung auf kurze Talgletscher beschränkt war, die nur einige Kilometer lang waren. In der Hohen Tatra waren diese Gletscher mit etwa 14 km am längsten. Periglaziale Bildungen finden sich wegen der niedrigen Temperaturen auch hier.

3.4 Südosteuropa

Ebenso wie in den Karpaten weisen auch die Gebirge der Balkanhalbinsel (Dinarisches Gebirge, Balkan, Rhodopen und Pindos) und des nördlichen Peloponnes Spuren einer e.-lichen Talvergletscherung auf.

3.5 Kaukasus

Der Kaukasus ist während des Pleistozäns in geringerem Umfang vergletschert gewesen als die Alpen, dennoch reichte die Vergletscherung dieses Gebirges auch bis in das Vorland hinein. Ein ausgeprägtes Eisstromnetz wie in den Alpen war jedoch nicht vorhanden.

3.6 Sibirien

Während der letzten Vereisung (Waldai/Weichsel) grenzten auf der Halbinsel Kanin das skandinavische Inlandeis an das westsibirische Eis. Der nördliche Ural trug eine eigenständige Vergletscherung. In den beiden älteren E. war der nördliche Ural ein Teil der westsibirischen Eiskappe. Der südliche Teil war eigenständig vergletschert. Nowaja Semlja war während allen drei E. Zentrum des westsibirischen Eisschildes.

3.7 Spitzbergen, Franz-Joseph-Land

Die Arktischen Inseln trugen während der pleistozänen E. eigenständige reliefüberdeckende Eiskappen.

4 Tabelle

Eiszeiten (http://www.uni-klu.ac.at/eeo/Eiszeiten.pdf)

Foster Flint R.: Glacial and Quaternary Geology. New York. Nilsson T. 1983: The Pleistocene. Dordrecht. Woldstedt P. 1958 u. 1961: Das Eiszeitalter, 2 Bde. Stuttgart.

(Börge Pflüger)

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